Rechtliche Erwägungen zu einem Disclaimer
I. Was ist überhaupt ein Disclaimer?Der Begriff "Disclaimer" kommt aus dem Englischen und bedeutet wörtlich übersetzt "Verzichtserklärung bzw. Dementi". Im Internet wird dieser oft mit einem sog. "Haftungsausschluss" gleichgesetzt. Vorliegend wird ein Disclaimer jedoch nicht nur als reiner "Haftungsausschluss" betrachtet, sondern als eine Art rechtliches Werkzeug, mit dem man bestimmte rechtliche Punkte seiner Webseite regeln bzw. womit man auf bestimmte "Gefahren" hinweisen kann. So bietet ein Disclaimer auch die Möglichkeit festzulegen, ob man Werbung per E-Mail von Jedermann empfangen mag oder ob man seine Websiteinhalte Jedermann zur Verfügung stellen möchte (z.B. per GNU-Lizenz). Darüber hinaus kann man hierbei gleich Informationen zum Datenschutz unterbringen (vgl. hierzu
§ 13 Absatz 1 TMG wonach man den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorganges informieren muss.). Des Weiteren sollte man als Website-Betreiber natürlich immer auch an ein
Impressum denken.
1. Nutzung einer Website - Vertrag oder Gefälligkeit?Dabei stellt sich als erstes die Frage, ob ein allgemeiner Disclaimer ausschließlich als vertraglicher Haftungsausschluss gestaltet werden sollte. Denn ob überhaupt ein Vertragsverhältnis durch die Nutzung einer Website zwischen dem "Surfer" (Nutzer) und dem Website-Betreiber (Anbieter) zustande kommt, hängt vom Einzelfall ab. Teilweise könnte man bei der Nutzung von kostenlosen Online-Datenbanken (Inhalten) oder auch beim kostenlosen Download von bestimmten Dateien oder von Software die Ansicht vertreten, dass dies entsprechend einer Leihe (
§§ 598 ff. BGB behandelt werden müsste und wenn dann jemand die Daten speichert oder abruft, könnte dies als (konkludente) Schenkung zu qualifizieren sein. Meines Erachtens kommt jedoch mangels Rechtsbindungswillen insbesondere bei kleineren kostenlosen privaten Homepages keinerlei Vertragsverhältnis hinsichtlich der Nutzung z.B. der kostenlosen und freien Datenbanken (Inhalte) zwischen dem Anbieter und Nutzer zustande. Denn in diesem Falle ist eher von einer reinen Gefälligkeit auszugehen. Das gleiche könnte man aber auch annehmen, wenn eine kommerzielle Website sehr viele Zugriffe hat, weil sich der Anbieter sicherlich nicht gegenüber jedem unbekannten Nutzer rechtlich binden möchte. Dabei mögen auch die rechtliche Ausgestaltung und die wirtschaftliche Bedeutung der Nutzung bei der Annahme eines Rechtsbindungswillens eine Rolle spielen. Gibt es also kein Vertragsverhältnis, gibt es auch keine vertraglichen Ansprüche gegen den Anbieter. Anders kann man dies meines Erachtens beispielsweise bei der kostenlosen Nutzung der auf der Homepage des Anbieters evtl. zusätzlich vorhandenen Foren, Chats, Free-E-Mail-Dienste und Branchenbüchern sehen, weil hierbei viel eher ein Austausch von Leistungen stattfindet. Hinsichtlich dieser Inhalte sollten jeweils spezielle Nutzungsbedingungen bzw. AGB verwendet werden. Hat man sogar kostenpflichtige Inhalte auf seiner Homepage sind auf jeden Fall speziell darauf zugeschnitte und anwaltlich entworfene AGB zu empfehlen.
2. Mitverschulden durch WarnhinweiseDarüber hinaus kann ein deutlicher Warnhinweis in einem "Disclaimer" unabhängig von dem Bestehen eines Vertragsverhältnisses den Nutzer der Website ggf. "bösgläubig" machen, wodurch sich ein
Mitverschulden des Nutzers ergeben könnte. Dies setzt jedoch voraus, dass der Nutzer die Umstände einer möglichen Gefährdung erkennen konnte und der Warnhinweis entsprechend hervorgehoben und sichtbar war. Der angesehene Internetrechtler Prof. Dr. Thomas Hoeren hält dabei in seinem neuesten Praxis-Lehrbuch "Internet- und Kommunikationsrecht" vor allem einen deutlichen Warnhinweis im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte einer Webseite für wichtig (Vgl. Hoeren, Internet- und Kommunikationsrecht 2008, Rdnr. 706).
3. Keine Haftung für Links?Oft wird ein Disclaimer als Mittel zur Begrenzung der Haftung für externe Links verwendet. Dabei findet man häufig als Zitat das
Urteil vom 12. Mai 1998 des Landgericht Hamburgs in etwa der Form:
Mit dem Urteil vom 12. Mai 1998 hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass man durch die Anbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seiten ggf. mit zu verantworten hat. Dies kann nur dadurch verhindert werden, dass man sich ausdrücklich von diesem Inhalt distanziert. Für alle Links auf dieser Homepage gilt: Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten auf meiner Homepage und mache mir diese Inhalte nicht zu Eigen.Solch eine pauschale Distanzierung schadet nach einigen Auffassungen sogar mehr als sie nützt, da sie vor Gericht als Indiz eines bestimmten Unrechtsbewußtseins gelten könnte. Eine pauschale Distanzierung sollte daher vermieden werden. Rechtlich ist die Freizeichung von der Haftung für externe Links nicht geklärt. Ein Hinweis, dass es sich bei den externen Inhalten bzw. Links um Angebote Dritter handelt, kann zumindest eine inhaltliche Abgrenzung von den fremden und eigenen Inhalten bewirken. Von wesentlicher Bedeutung sind dabei auch die objektiven Umstände wie die äußere Gestaltung der Website und die inhaltliche Einbeziehung der Links bzw. Inhalte geschieht (z.B. per Frames, Deeplink, Linkliste, Quelle im Artikel). Dabei kann auch schon die Angabe des Datums auf der Homepage zum Zeitpunkt der Linksetzung vorteilhaft sein, um ggf. nachweisen zu können, dass verlinkte Inhalte zum Zeitpunkt der Verlinkung noch nicht rechtswidrig waren. Insoweit ist auch umstritten, ob trotz Überprüfung beim Setzen des Links eine weitere Nachforschungs- bzw. Überprüfungspflicht besteht. Daher sollte man wohl zur Sicherheit doch in bestimmten Abständen seine Links kontrollieren. Denn der Hinweis, man habe keinen nachträglichen Einluss mehr hinsichtlich der Änderungen auf den gelinkten Seiten, könnte nicht ausreichend sein, da man damit wiederum im Grunde kundtut, dass man die geänderten und nun ggf. rechtswidrigen Inhalte doch akzeptiert bzw. duldet. Solidarisiert man sich sogar als Webseitenbetreiber mit rechtswidrigen Inhalten eines Dritten durch ein Linksetzen, so haftet man in jedem Fall für die gelinkten Inhalte als wären dies die eigenen. Externe Links zu rechtswidrigen Inhalten sollten immer unverzüglich gelöscht werden.
Bundesverfassungsgericht sieht die Linkhaftung durch die Gerichte als nicht geklärt anIm Rahmen des sog. Heise-Prozesses im Jahre 2007 über die Haftung für den im Rahmen eines Berichts geschalteten Links auf eine Webseite, wo Software zu finden war, mit der man Kopierschutz knacken konnte, hat das BVerfG bei der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde des Heise-Verlags ausgeführt, dass die Reichweite der urheberrechtlichen Verantwortlichkeit für Hyperlinks bisher durch die Rechtsprechnung nicht geklärt sei. Außerdem sei auch der Umfang der Haftung für die Einbindung von Links in redaktionellen Berichten und eine etwaige Verantwortlichkeit nach presserechtlichen Grundsätzen vom BGH bislang nicht ausgeurteilt worden.
(BVerfG, Beschluss vom 03.01.2007, 1 BvR 1936/05.)
4. Disclaimer "eindeutig gestalten", "als erst aufzufassen" und "tätsächlich beachtet"Eine Haftungsbeschränkung kann ansonsten nur im Verhältnis des Websiteanbieters zu den Nutzern der Website erfolgen. "Disclaimer" sind daher gegenüber Dritten (= keine Nutzer der Website, sondern z.B. Rechteinhaber nach dem UrhG) wirkungslos, wenn hierdurch die Haftung des Websiteanbieters für die eigenen Inhalte ausgeschlossen werden soll.
Dabei sind die Voraussetzungen eines Disclaimers eine Frage des Einzelfalls und richten sich vor allem wie oben unter I. 1. dargelegt auch nach der Art der abrufbaren Inhalte. Insbesondere kommt es dabei auf die Ausgestaltung der Website an und ob der Hinweis auf den "Disclaimer" entsprechend der Rechtsprechung zu allgemeinen Geschäftsbedingungen einbezogen worden ist. Danach muss der Nutzer zumindest den "Disclaimer" vor Nutzung der angebotenen Inhalte kennen und dieser deutlich hervorgehoben sein. Der Bundesgerichtshof hat im Jahre 2006 entschieden, dass ein wirksamer Disclaimer eindeutig gestaltet, aufgrund seiner Aufmachung als ernst gemeint aufzufassen sein und vom Anbietenden auch tatsächlich beachtet werden muss. Denkbar wäre hierbei, dass man den Disclaimer in sein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Impressum einfügt und dann zur Sicherheit anstatt der Bezeichnung "Impressum" die Kombination "Impressum/Disclaimer" verwendet. Natürlich kann man auch den Disclaimer separat entsprechend in hervorgehobener Weise von jeder Seite verlinken.
II. Urheber- und LeistungsschutzAuf Urheber- und Leistungsschutzrechte muss grundsätzlich nicht hingewiesen werden, weil diese unabhängig von einem solchen Hinweis entstehen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass man so die Rechte gegenüber Dritter besonders regelt. Hierbei könnte man z.B. für die Gestattung der Nutzung die bekannte
GNU-Lizenz oder das Shareware-Prinzip anführen; neuerdings ist auch die sog.
CC-Lizenz, Creative Commons im Kommen. Dies erscheint aber nur sinnvoll, wenn man eine weite Verbreitung seiner Inhalte wünscht. Andererseits könnte man aber auch die Nutzung weitgehend untersagen (vgl.
§ 53 UrhG Unabhängig davon kann durch einen Urheberhinwies die Vermutungsregel nach
§ 10 UrhG zugunsten des Verwenders greifen. Schadensersatzansprüche nach dem UrhG setzen auch ein Verschulden voraus. Durch einen Disclaimer zu Urheberrechten kann sich unter Umständen der unberechtigte Verwender nicht mehr auf seine Unwissenheit berufen.